Festkneipe zu Ehren des 50. Todestages von Bbr. Robert Schuman
Karlsruhe. Es ist der 4. September 1963 – Gott hat einen großen Unitarier zu sich gerufen. 50 Jahre später treffen sich Unitarier aus dem Südwesten Deutschlands in Karlsruhe zur Robert-Schuman-Kneipe anlässlich seines 50. Todestages.
Zuvor gedenken die anwesenden Bundesschwestern und Bundesbrüder dem Verstorbenen in einer Andacht im Garten des Karlsruher Unitas-Hauses. Die Lesung aus dem Lukasevangelium über die ungastlichen Samariter und von der Nachfolge (Lk 9,51-56) führt zum christlichen Nachfolgeverständnis. Der Ehrensenior der Karlsruher Aktivitas Bbr. Robert Wittek gibt einen kleinen Impuls zur Lesung: „Wir haben gehört, Nachfolge geht nur ganz und sofort – oder gar nicht. Robert Schuman entschied sich seinerzeit für ganz und sofort!“, so seine Quintessenz. Im Anschluss beten die versammelten Bundesgeschwister aus Karlsruhe, Stuttgart, Marburg und Heidelberg gemeinsam für die Seligsprechung von Bbr. Robert Schuman.
Es folgt die Kneipe zu Ehren des Bundesbruders unter Präside und Fuxmajor Bbr. Benedikt Kerbeck. Wortgewandt und mit stolzer Brust leitet er durchs Hochoffiz, dessen Höhepunkt eine viergeteilte Prinzipienrede darstellt: in drei Teilen reflektieren die Karlsruher Füxe zu Prinzipien und Robert Schuman und zeugen damit von der intensiven Beschäftigung im letzten Semester mit dem unitarischen Vorbild. Einen Teil übernimmt der Präside selbst – eine andere, besondere, Art der Prinzipienrede, die sich im Rückblick auf die Veranstaltung bewährt hat!
Bbr. Christoph Watzka beleuchtet zunächst die wichtigsten Lebensstationen Schumans und betont hierbei insbesondere dessen Studienstationen samt Unitas-Engagement: „Robert Schuman studierte zunächst in Bonn, anschließend in Berlin, München und Straßburg – und für ihn war es selbstverständlich, sich in jedem seiner Studienorte aktiv in der Unitas zu engagieren.“ Doch auch die politische Laufbahn unseres Bundesbruders bleibt nicht unerwähnt, so wie seine Ämter als französischer Finanzminister, Ministerpräsident und Außenminister und als Schluss- und Höhepunkt als Präsident des Europäischen Parlamentes. Ebensowenig fehlen kurze Erläuterungen zu Montanunion und Robert-Schuman-Plan.
Im Anschluss zeigt Bbr. Pascal Rogg die Parallelen zwischen dem Prinzip der „scientia“ und Robert Schuman auf. „scientia“ bedeute vor allem einen Blick über den Tellerrand hinaus, die Erlangung einer ganzeinheitlichen Sicht der Dinge. So würde der reine Spezialist Gefahr laufen, den Weitblick zu verlieren, der zur Umsetzung von Projekten notwendig sei. „Robert Schuman war kein Spezialist, kein Politiker für den die nationalen Belange an vorderster Stelle standen. Er war ein Kind der deutsch-französischen-luxemburgerischen Grenzlanden“, schildert Bbr. Rogg. Nur so sei es ihm möglich gewesen, die Umbrüche und Stürme jener Zeit aus vielen verschiedenen Perspektiven zu sehen und vor allem zu verstehen. Sein Fazit lautet: „Robert Schuman, bei dem Bildung seit Kindesbeinen einen hohen Stellenwert hatte, wurde sich während seiner akademischen Laufbahn der sozialen Verantwortung bewusst, die Wissen mit sich bringt. Er entzog sich nicht seiner Verantwortung, sondern nutzte seinen Weitblick.“
Bbr. Andreas Scheuermann betont die Aspekte der „amicitia“ im Leben unseres großen Bundesbruders: „Robert Schuman hat nach dem Krieg erkannt, dass nicht ein Gegeneinander, sondern nur ein Miteinander einen zukunftsorientierten Wandel in der Geschichte bringen kann.“ Freundschaft zwischen den Völkern und Frieden sei hier die Losung, aktueller denn je gezeigt in der Hilfsbereitschaft in Krisensituationen, wie sie im Euro-Raum derzeit herrschen.
Präside Bbr. Benedikt Kerbeck hat für sich die „virtus“ aufgehoben: „virtus und Robert Schuman – die ideale Ergänzung. Er spricht von Respekt, Verantwortung, fordert die Menschen dazu auf sich zu engagieren und sich mit Begeisterung für etwas einzusetzen.“ Dem Traum Robert Schumans nach der kulturellen Einheit seien wir deutlich näher gekommen: Freihandelszone, gemeinsame Währung, offene Grenzen – eine wirtschaftliche Einheit scheine vorhanden zu sein. Gerade Studenten kämen in den Genuss kultureller Einheit: Erasmusprogramm, Reisefreiheit und vor allem Frieden in Europa. Am Ende der Prinzipienrede richtet Bbr. Kerbeck einen Appell an alle Anwesenden: „Nehmen wir uns die guten Tugenden Robert Schumans zum Vorbild. Strengen wir uns an! Bewahren wir den Frieden und zeigen 'Respekt vor dem Recht des Anderen'! Akzeptieren wir die Vielfalt und begegnen wir unseren Mitmenschen mit Achtung!“
Auch in den zahlreichen Grußworten, unter anderem vom Beirat für Gesellschaftspolitik Bbr. Christian Poplutz sowie der ehemaligen Vorortspräsidentin Bsr. Michaela Mühlbauer, wird die Bedeutung Robert Schumans für die Unitas hervorgehoben. Alle loben die Veranstaltung in Karlsruhe und bedanken sich für die Gastfreundschaft und insbesondere die Ausrichtung dieser Gedenkveranstaltung. In guter Stimmung und mit altehrwürdigem Cantus verklingt die Kneipe, daran anknüpfend bietet sich ausreichend Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch. Bis in die späten Abendstunden diskutieren und unterhalten sich die Anwesenden – nicht nur über das Erbe Robert Schumans.
Die Unitas Franco-Alemannia möchte sich an dieser Stelle noch einmal bei allen Bundesgeschwistern bedanken, die trotz des frühen Beginns und des Wochentages die Reise nach Karlsruhe auf sich genommen haben, um der Veranstaltung beizuwohnen – aus Stuttgart, Darmstadt, Heidelberg und Marburg.
von Bbr. Jonas Neckenich