Wissenschaftliche Sitzung mit Bbr. Benjamin Koch
Karlsruhe. Zum Anfang des anstehenden Marathons an Wissenschaftlichen Sitzungen, trafen sich zahlreiche Alte Herren, Aktive und Gäste auf dem Unitas-Haus oder online zur ersten WS des Semesters. Wenige Tage nach seiner festlichen Rezipierung stellte unser Neofux Benjamin Koch seinen Vortrag mit dem Titel „Die Geschichte Schlesiens“ vor.
Schlesien ist eine mitteleuropäische Region zwischen Deutschland und Polen, welche in Nieder- und Oberschlesien aufgeteilt ist. Nach dem ersten Weltkrieg mussten Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich Teile dieses Gebietes zu Gunsten der neu entstandenen Staaten Polen und Tschechoslowakei abgeben. Trotz der vorherigen Zugehörigkeit waren die Bevölkerungen von Ober- und Niederschlesien sprachlich Mischgebiete aus Deutsch und Schlesisch. Zudem bezeichnete sich der Großteil der Bewohner als ethnische Schlesier. Des Weiteren sollte Oberschlesien, laut dem 1919 verfassten Versailler Vertrag, Polen zugesprochen werden. Allerdings stimmte 60 Prozent der Bevölkerung für den Verbleib beim Deutschen Reich und 40 Prozent für den Anschluss an Polen. Dadurch ergaben sich andauernde Spannungen zwischen den Gemeinden. Erst 1922 wurde über die endgültige Teilung Oberschlesiens entschieden, wobei die Teilungslinie nicht immer den lokalen Mehrheitsverhältnissen entsprach. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurden Ober- und Unterschlesien wieder zur Provinz Schlesien mit Hauptstadt Breslau vereinigt. Diese wurden 1942 jedoch wiederum voneinander getrennt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Schlesien größtenteils von Polen übernommen. Hierbei wurden die deutschen Ortsnamen entfernt und die deutsche Bevölkerung größtenteils vertrieben oder polonisiert. Neben den Fluchten und Vertreibungen wurde die in Schlesien zurückgebliebene Bevölkerung laut Bbr. Koch vom polnischen Staat diskriminiert. So wurde die deutsche Sprache im Öffentlichen und privaten Leben zwischenzeitlich verboten. Trotzdessen entgingen viele Deutsche der Vertreibung auf Grund der durch die Zweisprachigkeit nicht eindeutigen nationalen Identität und deren Nützlichkeit als Facharbeiter. Nach der Anerkennung der deutschen Minderheit in Polen und der Berücksichtigung historischer Grenzen wurde 2005 ein Minderheitengesetz verabschiedet. Somit wurden zum Teil auch zweisprachige Ortsbeschilderungen und Deutsch als Verwaltungshilfssprache wieder eingeführt.
Im Fazit zu seinem Vortrag erläuterte der Referent, wie die deutsche Minderheit in Schlesien mit der Zeit aussterbe und manchmal noch mit rassistischen Vorurteilen zu kämpfen habe. Für die damals geflüchteten Menschen sei ihre Heimat verloren und die Vertreibung mental noch nicht verarbeitet. Die sehr gelungene Wissenschaftliche Sitzung endete mit folgender Fragestellung des Vortragenden zur nationalen Identität: „Wenn die deutsche Verwaltung sagt, du bist Deutscher und die polnische Verwaltung sagt, du bist Pole, was bist du dann? - Ich bin Schlesier!“
Dem interessanten und kurzweiligen Vortrag folgte eine lebhafte Fragerunde mit interessanten Beiträgen und Anekdoten. Das Thema dieses Semesters ist nun im vollen Gange und wird in den nächsten Wochen mit fünf weiteren Wissenschaftlichen Sitzungen für interessante und bereichernde Zusammenkünfte sorgen.